«Wir beginnen immer mit dem Kunsteisplatz, weil wir hier wetterunabhängig sind», sagt Roger Brenner, während er auf die 1’600 Quadratmeter Fläche blickt, die pünktlich zu den Herbstferien am 5. Oktober eröffnet werden soll. Jeweils Mitte September fällt der Startschuss für den arbeitsreichen, doch auch faszinierenden Eisaufbau, der bald wieder Hunderte Eislauf-, Hockey- und Curling-Fans in die Promulins Arena ziehen wird.
Einige Wochen später werden die Eismeister noch eine zweite, etwa 6’000 Quadratmeter grosse Fläche zu Eis gefrieren lassen: den Fussballplatz der Promulins Arena. «Mit dem Natureisfeld fangen wir aber nicht vor November an. Das wär‘ sonst vergebene Liebesmüh und Wasserverschwendung», sagt Roger Brenner. Zu intensiv sei die Arbeit, um später vielleicht von zu warmem Wetter überrascht zu werden.
Drei Eismeister, zwei Verfahren
Roger Brenner, Adrian Ambauen und Martin Zanchetti sind ein eingespieltes Eismeister-Team. Gemeinsam sorgen sie dafür, dass der Eisaufbau – in zwei völlig unterschiedlichen Herstellungsverfahren übrigens – reibungslos funktioniert. Der tägliche Unterhalt der Eisplätze, die für alle später gratis in Samedan bereitstehen, ist ebenso ihre Aufgabe.
Roger Brenner, der die Verantwortung und technische Leitung hat, steuert seit 10 Jahren die Herstellung der Promulins-Eisflächen. Er überwacht auch die Prozesse hinter der imposanten 600-Kilowatt-Kühlanlage mit den zwei Kompressoren. Ähnlich einer Fussbodenheizung leitet sie jedoch Kälteträger durch die Rohre unter dem kleineren, künstlich produzierten Eisplatz, der viel für Hockey und Curling genutzt wird.
Adrian Ambauen, gelernter Automechaniker, und Martin Zanchetti, ausgebildeter Forstwart, stehen ihm dabei von früh bis spät und oft auch am Wochenende zur Seite. Der Winter ist für alle eine strenge Zeit, in der neben all den schönen Stunden für die Eislaufenden auch viele Überstunden für die Eismeister zusammenkommen. Und doch sind sich die drei einig: «der Eisaufbau ist eine lässige Sache».
Der Kunsteisplatz entsteht
Unter einer 2 bis 3 Zentimeter dicken Granulatschicht verlaufen die mit Glykol gefüllten Kühlrohre im Sand unter dem Kunsteisplatz. «Der Schlüssel liegt darin, zuerst die ganze Fläche, komplett ‚nass-nass‘ zu halten», erklärt mir Roger Brenner und deutet auf die 12 bereitstehenden Rasensprenger. Die laufen bald täglich von 7 bis 17 Uhr am Stück durch – bis zu 10 Tage lang – je nach Wetter.
Danach wird die Kühlanlage in Betrieb genommen. Sie leitet das Kühlmittel fein dosiert durch die Rohre: «Wir starten bei plus 4 Grad und kühlen langsam in ganz kleinen Schritten mindestens eine Woche lang täglich runter. Auf etwa minus 12 Grad», sagt Roger Brenner. Die Wetterstation der Kühlanlage – ein kleiner Computer – hilft ihm, die Kühlung exakt zu überwachen und zu steuern. «Das Eis muss Nacht für Nacht langsam, langsam um die Rohre wachsen. Wenn wir zu schnell kühlen, entstehen Lufteinschlüsse und wir bekommen kein gleichmässiges Ergebnis mehr hin», erläutert mir Martin Zanchetti den präzise abgestimmten Kühlprozess.
Sobald nach einigen Tagen ein gutes Stück Eisschicht aus dem Boden «gewachsen» ist, wird das Eisfeld mit der Maschine geglättet.
Ein entscheidendes, weisses Vlies
Als nächstes gilt es, ein entscheidendes Element zu legen: das weisse Vlies. «Es sorgt dafür, dass das Eis hell bleibt und der dunkelgraue Boden nicht durchscheint», beantwortet Adrian Ambauen meinen fragenden Blick und ergänzt: «Je dunkler das Eis, desto schneller schmilzt es in der Sonne». Wie jedes Jahr sind für diesen Teil drei Gemeindearbeiter zu Hilfe gekommen. Ein Team aus sechs Mann arbeitet nun seit früh morgens Hand in Hand, um das wasserdurchlässige Vlies superglatt auf die Eisfläche zu ziehen. «Ich schneide es erst an den Ecken zurecht, einer läuft mit der Wasserpistole nebenher und durchtränkt das Tuch, während die anderen mit Malerrollen dafür sorgen, dass es keine Blasen gibt», erklärt Roger Brenner.
Linienlegen ist Zentimeter-Arbeit
Am nächsten Tag beginnen die Vorbereitungen für die Hockey- und Curling-Linien. Die Ringe und Linien werden exakt zentriert mit Schnüren und Markierungen, die an der Bande befestigt sind und den Arbeitern helfen, die Abmessungen perfekt einzuhalten. Und das Wetter muss auch mitspielen: «Ist es zu warm, läuft uns die Folie der Linien davon. Ist es zu kalt, friert sie an», schmunzelt Eismeister Roger Brenner. Doch auch das Linienlegen ist Teamwork und einige Senioren vom EHC sind gekommen, um zu helfen. Am Ende wird die Fläche mit Wasser überschwemmt bis das Kunsteis drei, vier stabile Zentimeter dick ist.
Wofür die Sonnensegel?
«Je nach Wetter dauert die gesamte Aufeisung zwei bis drei Wochen», sagt Martin Zanchetti, während er sich zufrieden umschaut, als wolle er den Fortschritt des Tages inspizieren. Später stellen er und die anderen Eismeister noch die riesigen Sonnensegel auf, um Schmelzstellen durch die Sonne zu verhindern.
Es ist ein beeindruckender Prozess, der Jahr für Jahr wiederkehrt. Und wenn die ersten ‘Schlittschüendler’ das Eis der Promulins Arena befahren, wissen alle: Der Winter ist in Samedan angekommen. Doch ich weiss nun auch: Die drei Eismeister haben einen Beitrag geleistet.